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Innovative Lösungen für den Digitalen Heizungskeller
Eine Marktübersicht

  • Johannes Hanusch
    Johannes
    Hanusch
  • Simon Jurkat
    Simon
    Jurkat

In den verwinkelten Kellerräumen deutscher Mehrfamilienhäuser verbirgt sich ein Schlüsselelement der nationalen Energiewende: der Heizungskeller. Trotz der zentralen Bedeutung von Heizanlagen für Energieverbrauch und CO₂-Emissionen von Gebäuden offenbaren Studien eine alarmierende Ineffizienz: Etwa 80 Prozent der Heizungen in deutschen Mehrfamilienhäusern sind nicht richtig eingestellt. Zahlreiche Anlagen laufen auch während der Sommermonate ohne Notwendigkeit weiter. Diese Fehleinstellungen verursachen hohe Energiekosten und führen zu vermehrten, vermeidbaren CO₂-Emissionen.

Nachhaltige Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz müssen also unmittelbar im Heizungskeller ansetzen. Die Herausforderungen in diesem Bereich sind vielfältig:

Häufig fehlen Informationen zu den einzelnen Komponenten einer Anlage und deren tatsächlichem Energieverbrauch. Selbst für erfahrene Fachleute ist es schwierig, die optimale Einstellung der Anlage zu finden. Sie können in der Regel nur Momentaufnahmen analysieren, da ihnen nicht alle relevanten Parameter zur Verfügung stehen. Die Konsequenz ist ein Betrieb im Blindflug, der nicht nur in der Heizperiode, sondern auch nachts und im Sommer anhält.

Auch wenn durch den Einsatz von Sensoren notwendige Daten erfasst werden, werden diese oft nicht genutzt1. Das liegt einerseits an der Komplexität der Gebäudesysteme und ihrer digitalen Modellierung, andererseits am fehlenden Know-how der Anlagenbetreuer. Hier setzt der Digitale Heizungskeller an. Er verwandelt die dunklen, nassen Kellerräume in moderne, digitale Räume, die den Anforderungen der Energiewende gerecht werden.

RITTERWALD hat sich auf dem Markt der Digitalen Heizungskeller umgesehen und mit innovativen Anbietern, vor allem Startups, gesprochen. In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Technologiepartner und ihre Lösungen für unterschiedliche Ausgangssituationen und Bedarfe der Wohnungsunternehmen.

Das Konzept Digitaler Heizungskeller

Ein Digitaler Heizungskeller erweitert und optimiert analoge Heizsysteme durch die Integration digitaler Technologien2. Diese Digitalisierung umfasst die Implementierung von Software und Hardware zur intelligenten Überwachung, Wartung und Steuerung von Heizungsanlagen. Merkmale eines digitalen Heizungskellers sind die Echtzeitdatenerfassung und -analyse zur Effizienzsteigerung, die automatisierte Anpassung an Nutzerverhalten und Umweltbedingungen, die Fernsteuerbarkeit der Systeme sowie die Vernetzung mit anderen smarten Haustechniksystemen. Ziel ist es, die Energieeffizienz zu erhöhen, den Bedienkomfort zu verbessern und den Wartungsaufwand zu reduzieren. Dafür werden manuelle Prozesse durch intelligente, automatisierte Lösungen ersetzt. In Abbildung 1 ist das Konzept des Digitalen Heizungskellers schematisch dargestellt.

Klassischerweise wird der Digitale Heizungskeller realisiert, indem die Gebäudetechnik vernetzt und automatisiert wird. Dabei werden Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (MSR-Technik) mit Sensoren, Aktoren, Controllern und Schaltschränken zu einer Gebäudeleittechnik (GLT) zusammengeführt.

Im Fokus für eine solche GLT stehen dabei häufig Nichtwohngebäude (Gewerbe, Krankenhäuser etc.). Die RITTERWALD-Marktübersicht konzentriert sich aber auf innovative und kostengünstigere Lösungen, die von Startups speziell für die Wohnungswirtschaft angeboten werden.

Große Vorteile für Wohnungsunternehmen

Ein Digitaler Heizungskeller gewinnt für Wohnungsunternehmen immer mehr an Bedeutung. Durch die Suffizienz der Anlagen wird nur die tatsächlich benötigte Energie bereitgestellt. Dadurch reduzieren sich sowohl der CO₂-Ausstoß als auch Kosten für Mieter:innen und Wohnungsunternehmen. Die Gründe für diese positiven Effekte sind:

  • Gestiegene Anforderungen: Die nachhaltige Bewirtschaftung von Immobilien wird durch Regulatorik sowie Investoren und Finanzinstitute zunehmend gefordert (z.B. EU-Taxonomie oder GRESB). Außerdem steigen die Anforderungen an das Berichtswesen (siehe z.B. RITTERWALD-Studie zu Umsetzung der CSRD), wofür der Digitale Heizungskeller die benötigten Daten liefert.
  • Energieeinsparungen: Eine Steigerung der Effizienz kommt sowohl Wohnungsunternehmen zugute, die beispielsweise über eine Wärmetochter als Contractor der Anlagen agieren, als auch den Mieter:innen, die dadurch geringere Wärmekosten haben.
  • Direkte Einsparungen: Ein geringerer Anteil an den CO₂-Kosten führt zu direkten Einsparungen für Wohnungsunternehmen.
  • Transparenz und Investitionskosten: Der Digitale Heizungskeller sorgt für Transparenz bei der Dimensionierung von Heizanlagen und Fernwärmeanschlussleistungen. Dadurch können sowohl Investitionskosten gesenkt als auch die Anschlussleistung optimiert werden.
  • Fachkräftemangel: Die Prozessoptimierung durch den Digitalen Heizungskeller reduziert den Bedarf an Fachkräften und den Instandhaltungsaufwand. Zusätzlich steigt dadurch die Zufriedenheit der Mieter:innen und das Wohnungsunternehmen profitiert von weniger Mieter:innenanfragen.
  • Neue Geschäftsmodelle: Die durch Digitalisierung erhobenen Daten können für neue Geschäftsmodelle im Sinne der Mieter:innen genutzt werden, wie Predictive Maintenance oder Smart Home Services.
Partnerschaften für die Umsetzung – eine Marktübersicht

Für die Umsetzung eines Digitalen Heizungskellers ist die Wohnungswirtschaft auf gute Partnerschaften angewiesen. RITTERWALD hat eine Marktübersicht erstellt, die verschiedene Anbieter von digitalen Heizungskellern betrachtet. Diese Marktübersicht fokussiert sich auf Marktteilnehmer, die Monitoring und/oder Steuerung von Anlagen anbieten. Die Wertschöpfungskette ist in vier Bereiche unterteilt: Erfassung der Basisdaten, Hardwareinstallation, Datenaggregation und -interpretation sowie Anlagensteuerung (siehe Abb. 2).

Die Ergebnisse werden im Folgenden entlang der Wertschöpfungskette beschrieben.

Erfassung der Basisdaten

Bei der initialen Datenerfassung geht es um die digitale Abbildung der Komponenten des Heizungskellers. Auf dem Markt gibt es sowohl Anbieter, die keine Erfassung dieser Daten vorsehen, als auch Unternehmen, die von Anlagen- und Hydraulikschemata bis hin zu einer vollständigen Inventarisierung des Heizungskellers alles anbieten (z.B. Techem). Einige Anbieter konzentrieren sich darauf, nur die Daten zu erfassen, die für das eigene System relevant sind, während andere eine technische Bestandsaufnahme in unterschiedlichen Ausprägungen, teilweise optional, bereitstellen (z. B. Delta Heat, Green Fusion, KUGU, metr, othermo, Sensaru).

Hardwareinstallation

Für den Digitalen Heizungskeller gibt es verschiedene Hardware-Komponenten, die je nach Anwendungsfeld vollständig oder teilweise installiert werden können.

1
Sensorik-Hardware zur Erfassung von Daten

Die Hardware zur Datenerfassung liefert die Datengrundlage für Monitoring und Steuerung von Heizanlagen. Die meisten Anbieter verbauen hier eigens entwickelte oder zugekaufte Hardware (z.B. Delta Heat, Green Fusion, KUGU, metiundo, metr, Siemens (optional), Techem, Sensaru, Qundis).
othermo nutzt primär die ausgelesenen Daten aus der Heizungsanlage. Viele Anbieter, die eigene Hardware zum Monitoring anbieten, binden auch Fremdgeräte mit ein.

2
Hardware zur Steuerung der Heizanlagen

Einige der Anbieter fokussieren sich auf das Monitoring und nutzen daher keine Steuergeräte. Diejenigen, die Steuerung von Anlagen anbieten, binden dazu entweder die bestehenden Steuerungen der Heizanlagen ein, manipulieren den Außentemperaturfühler oder installieren eigene Steuergeräte. Die Anbindung der Steuerung wird z.B. von Green fusion, othermo, KUGU oder über Techems adapterm angeboten. Als eine im Bestand unkompliziert umsetzbare Variante gilt die Steuerung über die Manipulation des Außentemperaturfühlers (z.B. metr, Sensaru). Weiter gibt es auch die Möglichkeit der Installation eigener Steuergeräte (z.B. KUGU über 0–10 V Schnittstelle, wenn keine digitalen Regelungen bestehen). Siemens bietet beispielsweise den „Desigo Controller“ zur Steuerung von Anlagen an.

3
Hardware zur Datenübertragung per Funk

Für sowohl Monitoring- als auch Steuerungslösungen ist eine Datenübertragung notwendig. Deshalb installieren auch alle Anbieter Hardware zur Datenübertragung (meistens ein Gateway). Wichtig ist bei der Datenübertragung sowohl die Verknüpfung innerhalb des Heizungskellers als auch die Übermittlung auf einen Server oder die Cloud. Innerhalb des Heizungskellers wird dazu Funktechnologie oder kabelgebundene Datenübertragungstechnik verwendet. Für den Datentransfer aus dem Heizungskeller wird meistens das Telekommuni­kationsnetz über eine SIM-Karte genutzt. Während einige Anbieter eine Anbindung an ein Smart-Meter-Gateway vorsehen (z.B. KUGU, metr, Techem), bieten andere diese Option nicht und nutzen ausschließlich das eigene Gateway zum Versand der Daten. metiundo und metr (für Gas und Strom) bieten den Messstellenbetrieb selbst an.

Datenaggregation und -interpretation

In der Datenaggregation und -interpretation werden die Daten zusammengetragen, verarbeitet sowie ggf. in einer Benutzeroberfläche dargestellt. Dazu werden sie entweder auf einem eigenen Server oder in der Cloud gespeichert. Viele der Anbieter bieten die Möglichkeit, über bestehende oder API-Schnittstellen direkt auf diese Daten zuzugreifen und sie in
eigene Systeme des Wohnungsunternehmens zu übertragen (z.B. Green Fusion, KUGU, metiundo, metr, Techem, Qundis, othermo). Manche der Anbieter fokussieren sich auf die Datenerfassung und -übertragung, nicht auf eine Softwarelösung für ein separates Monitoring (z.B. Qundis). Die Leistung selbst wird bei Qundis über Mess- und Energiedienstleister erbracht.

Die erfassten Daten werden in den Monitoringlösungen in unterschiedlicher Aggregation dargestellt – u.a. als Zeitreihendaten auf einer Weboberfläche
(z.B. Delta Heat) oder in vielseitigen Portalen. Diese Portale bieten Dateneinblicke auf unterschiedlichen Ebenen, vom Gesamtportfolio bis hin zu einzelnen Heizungsanlagen. Hier können die Anlagen in Echtzeit beispielsweise in Anlagenschemata überwacht (z.B. Green Fusion und Techem) und für verschiedene Stakeholder, wie z.B. Wohnungsunternehmen und Handwerker, freigeschaltet werden (z.B. othermo). Weitere Funktionen auf den Portalen sind das Aufzeigen von Optimierungspotenzialen und -maßnahmen – teilweise mit Einsparabschätzung (z.B. Techem). In fast allen Fällen werden die Daten zur Fehlererkennung genutzt und Störmeldungen über das Portal oder andere Kommunikationswege (z.B. E-Mail oder SMS) ausgegeben. Dies geht bis hin zu Predictive Maintenance, also der proaktiven Instandhaltung von Anlagen unter Berücksichtigung der vorhandenen Daten (z.B. othermo).

Anlagensteuerung

Die Heizungsanlagen werden durch einige Anbieter bereits automatisiert durch den Einsatz von Algorithmen und/oder künstlicher Intelligenz gesteuert (z.B. Green Fusion, metr, KUGU, othermo, Sensaru). Diese automatisierten Systeme analysieren kontinuierlich Daten und nehmen Anpassungen in Echtzeit vor, um die Effizienz zu maximieren. Eine ausreichende und sehr gute Datenqualität ist dafür unentbehrlich.

Sie bieten ebenfalls eine Lösung im Bereich Digitaler Heizungskeller an?
Kontaktieren Sie uns gerne und wir prüfen die Aufnahme in die Marktübersicht

Fazit

Die RITTERWALD Marktübersicht gibt einen Überblick über die Angebote der verschiedenen Technologiepartner für den Digitalen Heizungskeller und bietet einen Anstoß zur Realisierung im eigenen Wohnungsunternehmen.
Für die erfolgreiche Umsetzung des Digitalen Heizungskellers ist es entscheidend, dass Wohnungsunternehmen vorab ihre Bedürfnisse und Anforderungen genau identifizieren. Eine sorgfältige Analyse des eigenen Bestands und der bestehenden Prozesse ist für die Auswahl eines geeigneten Technologiepartners unerlässlich. Dabei helfen folgende Fragen: Sollen alle Daten im Heizungskeller aufgenommen und digitalisiert werden? Werden die Daten in einer bestehenden Software benötigt oder soll ein neues (Arbeits-)Tool eingeführt werden? Liegt die Anwendung eher auf Monitoring oder sollen die Anlagen aus der Ferne (automatisiert) gesteuert werden?

Mit der richtigen Strategie und den passenden Partnern können Wohnungsunternehmen mit dem Digitalen Heizungskeller nicht nur ihre Effizienz und Zukunftsfähigkeit steigern, sondern auch einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Kontakt

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an:

1 BaltBest (2022)

2 Digitaler Heizungskeller ist kein klar abgegrenzter Begriff und wird demnach teilweise leicht unterschiedlich definiert und interpretiert