Mieterstrom: Direktvermarktung von dezentral erzeugter Energie
Was steckt hinter dem Konzept Mieterstrom? Das Konzept von Mieterstrom beruht darauf, dass lokal Strom erzeugt wird und direkt an Letztverbraucher vor Ort abgegeben wird. Überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist und entsprechend vergütet, Reststrom wird aus dem Netz bezogen. Der Vorteil gegenüber der Volleinspeisung besteht darin, dass durch die fehlende Durchleitung durch ein Netz (außer dem hausinternen) diverse Steuern, Umlagen und Abgaben wegfallen und somit der Strompreis gesenkt werden kann. Namentlich sind das die Konzessionsabgabe, Stromsteuer, Netznutzungsentgelte, KWK-Umlage, abschaltbare Lasten-Umlage, §19 Abs. 2 Strom-NEV-Umlage und Offshore-Haftungsumlage.1 Die Summe dieser Elemente ergibt im Durchschnitt einen Anteil von 41% des Haushaltsstrompreises, allerdings mit starken regionalen Schwankungen.2
Auch vor dem Mieterstromgesetz im Juli 2017 wurde bereits Strom als Mieterstrom verkauft. Da dieser Begriff aber nicht geschützt ist, wurde er auch unterschiedlich ausgelegt. So sind viele Mieterstromprojekte mit nur Photovoltaik (PV), nur mit BHKWs oder auch als Kombination von beidem umgesetzt worden.
Rahmenbedingungen und Umsetzung
Eine solche Umsetzung ist auch nach dem Gesetz noch möglich, allerdings gibt es nun die Möglichkeit, Mieterstrom unter gewissen Voraussetzungen staatlich bezuschussen zu lassen. Diese Bezuschussung ist abhängig von der Anlagengröße und beläuft sich auf 1,71–3,30 Cent/kWh, Stand Dezember 2017.3 Diese Förderung der dezentralen Stromerzeugung kommt allerdings mit einigen Bedingungen: Es werden nur PV-Anlagen gefördert (also keine BHKWs), diese auch nur bis zu einer Anschlussleistung von 100 kWp. Der Strom darf nicht durch andere Netze gespeist werden und die Anlage muss die Definition der Kundenanlage nach §3 Nr. 24a EnWG erfüllen. Die Anlage, innerhalb derer der Mieterstrom direkt vermarktet wird, muss zu mindestens 40% Wohnfläche sein, wodurch rein gewerblich genutzte Gebäude bereits entfallen. Jeder einzelne Letztverbraucher muss für die Genehmigung der Bezuschussung immer noch diskriminierungsfrei seinen Stromanbieter wählen können und die maximale Vertragslaufzeit von Stromlieferverträgen für Mieterstrom beträgt ein Jahr. Des Weiteren ist der Preis für den bezuschussten Mieterstrom auf 90% des ortsüblichen Standardtarifs gedeckelt. Zu guter Letzt hat der Gesetzgeber die Menge der bezuschussten Projekte auf eine maximale Anschlussleistung von 500 MW pro Jahr begrenzt, allerdings sieht es aktuell nicht danach aus, als würde diese Grenze in absehbarer Zukunft erreicht.4
Die Preisdeckelung von 10% unterhalb des Standardtarifs erscheint bei dem genannten Umfang an entfallenden Umlagen einfach umsetzbar. Die Umsetzung eines Mieterstromprojekts birgt allerdings einige Risiken. Als erstes ist hier zu nennen, dass der Aspekt der Diskriminierungsfreiheit des Letztverbrauchers den Projektierenden im Vorfeld vor die Unsicherheit stellt, wie viele Mieterstromverträge abgeschlossen werden können. Dies wird auch als Penetrationsquote bezeichnet. Da der Verkauf von Mieterstrom wirtschaftlicher ist als die Einspeisung, ist die Penetrationsquote eine Kennzahl, die für die Gesamtwirtschaftlichkeit des Projektes von großer Relevanz.5 Insbesondere bei Bestandsprojekten kann es allerdings schwierig sein, eine Quote zu erreichen, die hoch genug ist. Dies resultiert in hohen Akquisekosten pro Kunde, welche durch den Strompreis abgedeckt werden müssen. Hinzu kommen hohe Kosten für die Abrechnung.6 Eng verbunden mit der Abrechnung ist das Zählermanagement innerhalb der Kundenanlage. Bei Standard-Strombezug ist der Verteilnetzbetreiber verantwortlich für die Bereitstellung und das Ablesen des Stromzählers. Innerhalb der eigenen Anlage fällt diese Verantwortlichkeit dem Betreiber zu.
Aufgabenteilung in der Projektrealisierung
Die für ein Mieterstromprojekt in Frage kommenden Wohnungen liegen in der Regel im Besitz einer Genossenschaft oder eines Wohnungsunternehmens. Eine Möglichkeit ist es, dass dieses Unternehmen alle Aufgaben selbst übernimmt. Hier ist normalerweise ein Aufbau von Know-how notwendig, auf der anderen Seite fallen dann auch alle Gewinne im eigenen Hause an. Für dieses Modell gibt es allerdings eine Hürde: Unternehmen der Wohnungswirtschaft nehmen oftmals die Möglichkeit der erweiterten Gewerbesteuerkürzung in Anspruch. Der Verkauf von Strom gilt in diesem Zusammenhang aber als „schädliche Tätigkeit“ und sorgt dafür, dass diese Steuervergünstigungen nicht nur für den Stromverkauf, sondern für den gesamten Umsatz des Unternehmens entfallen (bei Genossenschaften erst ab einem gewissen Prozentsatz des Stromverkaufs am Umsatz). Damit ergibt die eigene Umsetzung von Mieterstromprojekten nur für die Unternehmen Sinn, die diesen Steuervorteil gar nicht mehr nutzen.
Dieses Problem kann aber umgangen werden, indem das Wohnungsunternehmen nicht als das Unternehmen auftritt, welches den Strom verkauft. Es kann diesen Bereich entweder in einem Schwesterunternehmen ausgründen oder mit einem Contractor zusammenarbeiten.
Wirtschaftlichkeit
Wie die Vielzahl an starken Einflussfaktoren bereits vermuten lässt, ist die Wirtschaftlichkeit von Mieterstromprojekten in hohem Maße einzelfallabhängig. Es kann von einer üblichen Projektrendite von 5–7%, bei Volleinspeisung von 4%, ausgegangen werden.7 Dies ist allerdings stark projektabhängig, sodass sich Mieterstromprojekte in vielen Fällen nicht lohnen, was sich auch in der Praxis widerspiegelt.89 Einer der größten Einflussfaktoren ist die regionale Höhe der Netzentgelte und damit auch der prozentual berechneten Konzessionsabgabe. Aus allein diesen beiden Posten ergibt sich eine Spanne von circa 8 Cent/kWh in der indirekten Förderung durch den Wegfall der Entgelte. Hinzu kommt, dass größere Projekte oft rentabler sind, welches die Kombination der 90%-Regelung mit der 100-kWp-Grenze problematisch werden lassen kann.
Zusammenfassung
Die Studie untersucht, welche Faktoren die stark einzelfallabhängige Wirtschaftlichkeit von Mieterstromprojekten beeinflussen. Dafür werden die Einflussgrößen installierte PV-Leistung, Größe des Zwischenspeichers, Penetrationsquote und Rollenmodell der Umsetzung des Mieterstromprojekts untersucht. Im Idealfall können die Mieter günstigen Strom beziehen, der mit erneuerbaren Energien auf dem eigenen Dach erzeugt wurde und leisten somit auch einen Beitrag zur Energiewende.
Die Restriktionen für die Bezuschussung sind bisher noch umfangreich und beschränken insbesondere die Umsetzung von rentableren, weil größeren Projekten. Auch die organisatorische Abwicklung ist mit einigen Unsicherheiten verbunden. Innerhalb des ersten Jahres der Bezuschussung von Mieterstrom ist die Zahl der Beantragungen noch verhalten, welches die genannten Hürden bestätigt. Steuerliche Risiken für Wohnungsunternehmen sorgen weiterhin dafür, dass die Umsetzung für einen nennenswerten Teil der Eigentümer von potenziellen Gebäuden keinen Mehrwert bietet. Hier kann ein Quick-Check helfen, die wichtigsten Fragestellungen für Ihr Unternehmen zu identifizieren und ideale Standorte für Mieterstrom in Ihrem Portfolio zu finden.
Kontakt
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Johannes Hanusch
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1 Ahlers, Malaika/Kaspers, Juliane (2017): Mieterstrommodelle - Wie können die Mieter aktiv an der Energiewende teilnehmen?, in: Zeitschrift für Neues Energierecht, 21. Jg., Nr. 3, S. 173.
2BDEW-Strompreisanalyse Januar 2018. Haushalte und Industrie, Berlin, Germany, S. 7, Stand: 14. Mai 2018.
3Hinweis zum Mieterstromzuschlag als eine Sonderform der EEG-Förderung, Bonn, Germany, S. 6, Stand: 27. April 2018.
4Veröffentlichung der PV-Mieterstrom-Meldezahlen - Juli 2017 bis März 2018, Stand: 11. Mai 2018.
5Hanusch, Johannes/Hümpfner, Martin (2017): Energetische Quartiersentwicklung im Kontext des Smart City Ansatzes, Stand: 14. Mai 2018.
6 Sagmeister, Stefan (2017): Fragliche Verheißung Mieterstrom, in: Energie & Management, Nr. 14, S. 2.
7Eckpunktepapier Mieterstrom, S. 4, Stand: 3. April 2018
8Schlussbericht Mieterstrom, Berlin, Germany, S. 94, Stand: 4. Mai 2018
9 Konstantin, Panos (2009): Praxisbuch Energiewirtschaft. Energieumwandlung, -transport und -beschaffung im liberalisierten Markt, 2. Aufl., Berlin, S. 184.